Börsennachrichten oder Wetterprognosen schreiben, Matchberichte zu Fussball- oder Handballspielen verfassen – das können sogenannte Text-Engines oder Schreibroboter schon, und gar nicht mal schlecht. Auch Interviews transkribiert der Computer gleich selbst, KI (Künstlicher Intelligenz) sei Dank. Damit nehmen Maschinen Medienschaffnden und Kommunikationsfachleuten zum Teil heute schon monotone Aufgaben ab. Und in Zukunft auch gleich den Job weg? Immerhin können kostenbewusste Verlagshäuser so Personalkosten einsparen, und die ständige Renditenoptimierung ist ja heute auch in der Medienbranche eine beliebte Disziplin. Gemäss Berechnungen der BBC könnten mit KI rund 20 Prozent des Redaktionsaufwands eingespart werden.

Prominente Gästerunde zu KI

Um diese Fragen drehte sich die Podiumsdiskussion an der 15-Jahr-Jubiläumsfeier der Ehemaligenorganisation COLUMNI, die Journalistinnen und Kommunikatoren vereint. Ich durfte die Diskussion am glühend heissen Abend des 9. Juni im Club Mehrspur auf dem Toni Areal moderieren. Reinhard Karger, Unternehmenssprecher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Peter Metzinger, Pionier beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in seiner Agentur business campaigning, Prof. Thilo Stadelmann, stellvertretender Schwerpunktleiter in Information Engineering an der ZHAW und Leiter des ZHAW Datalab sowie Daniel Perrin, Direktor des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW waren als Gäste geladen.

Faktor Mensch immer wichtiger

Dass die KI für die Berufsfelder der Kommuniaktion ein riesiges Potenzial birgt, betonten alle Podiumsgäste. Ob die Roboter dereinst besser schreiben und übersetzen als Menschen, war in der Runde umstritten. Sag niemals nie, so die Devise von Peter Metzinger, der beispielsweise Kampagnenbotschaften mittels KI auf seine Zielgruppen ausrichtet. Reinhard Karger und Thilo Stadelmann hingegen warnten vor überzogenen Erwartungen: Text-Engines benötigten strukturierte Daten, um nach einer klaren Systematik aufgebaute Texte verfassen zu können. Interpretation beispielsweise in einem politischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Kontext könnten die Roboterjournalisten nicht leisten. Deshalb werde der Faktor Mensch in den Kommunikationsberufen immer wichtiger, betonte Daniel Perrin: Maschinen würden einfache Texte übersetzen, doch umfassend ausgebildetet Übersetzerinnen und Übersetzer die Texte kontrollieren und einbetten in komplexere Zusammenhänge. Roboter würden gewisse einfach und strikt strukturierte Textsorten erstellen können, doch Kommunikationsfachleute überarbeiten sie und ergänzen sie mit selbst verfassten Beiträgen, die analysieren, Hintergrund bieten, Schlüsse ziehen und interpretieren.

Geld freispielen für Qualitätsjournalismus?

Werden dank Robotern auf Redaktionen Zeit und Geld für Qualitätsjournalismus freigespielt? Auch hier sind sich die Podiumsgäste untereinander und das Publikum nicht einig. Die pessimistische Sicht: Börsenkotierte Medienunternehmen investieren Einsparungen nicht in den Journalismus, sondern beglücken die Aktionäre. Die positive: Die Nachfrage nach «guten» journalistischen Beiträgen wächst. Weil nach Schema F konstruierte Allerweltstexte on- und offline gratis zu haben sind, werden sorgfältig recherchierte und geschriebene Hintergrundgeschichten, wie sie nur eine gute Journalistin oder ein guter Journalist verfassen kann, wieder wertig. Die «Republik» machts vor.

Besser sein als der Roboter

Wie sollen sich Kommunikationsfachpersonen in Corporate-Communications-Abteilungen zu KI stellen? Offen sein gegenüber den neuen technischen Entwicklungen: Praktische Tools wie beispielsweise Spracherkennungssoftwares, die Interviews oder erste Textideen gleich auf den Bildschirm bringen, Tools für die maschinelle Erstellung von Medienspiegeln prüfen und nutzen. Routinetätigkeiten vom Roboter erledigen lassen. Daneben das eigene Profil schärfen und mit Analyse, Konzeption, kreativem Texten, dem prägnanten Auftritt punkten – das können Roboter (noch) nicht.

 

 

 

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